Pädagogik für Dich | Ausgabe 03/2024 Was wir aussenden Friedvolle Kommunikation ist ein Markenzeichen von Marion Bischoff Stell dir vor, du planst gerade ein Elterngespräch. Beim letzten Zusammentreffen mit der Mutter gab es eine heftige Auseinandersetzung. Malst du dir gedanklich gerade aus, wie du dich bei Vorwürfen rechtfertigst? Wie du auf laute Anfeindungen reagierst, wen du dir im Bedarfsfall zu Hilfe holst? Fühlst du dich beim Gedanken an all diese möglichen Szenarien gerade ängstlich, wütend oder frustriert? Herzlich willkommen in der friedvollen Kommunikation. Was friedvolle Kommunikation mit Wut und Frust zu tun haben mag, könntest du nun fragen. Doch bevor du fragst, möchte ich es dir beantworten: Wie denke ich über die Situation, meine Gesprächspartnerinnen und -partner? Sobald wir uns unsere Gedanken ins Bewusstsein rufen, können wir sie auch anders gestalten. Doch bis wir dahin kommen, gilt es zu erkennen, dass wir tagtäglich nur etwa 15 % unserer Gedanken tatsächlich bewusst denken. Der Rest geschieht unbewusst, löst jedoch auch bestimmte Gefühle in uns aus. Denn die entsprechenden Reize sendet unser Hirn fröhlich durch den Körper. Wir spüren Anspannung, Zittern, Bauchkribbeln, manchmal sogar ein Lächeln in unserem Gesicht. Je nachdem, was in unserem Unterbewusstsein gerade „abgeht“, können die Emotionen angenehm oder weniger angenehm ausfallen. Wie wir über etwas denken, beeinflusst also bewusst oder unbewusst unsere Gefühle. Auf Gefühlsebene betrachtet Fragst du dich manchmal, wie du dich fühlst? Nimmst du Angst, Ärger, Wut, Trauer, Liebe bewusst wahr? Erkennst du zumindest diese Basisemotionen, wenn du auch nicht die einzelnen Nuancen wahrnimmst? Das Gute ist, dass du deine Emotionserkennung ebenfalls trainieren kannst und dadurch entsprechend damit umzugehen übst. Vor dem Training steht auch hier das Erkennen, die Wahrnehmung, die bewusste Betrachtung deiner Gefühle. Hier ein paar Impulsfragen für dich aus unserer Weiterbildung „friedvolle Kommunikation“: → Wie fühle ich mich, wenn ich an ein Gespräch mit meiner besten Freundin denke? → Welche Gefühle weckt der Gedanke an ein Vorstellungsgespräch in mir? → Welche Emotion spüre ich bei der Vorstellung, dass ich mir meinen größten Wunsch erfüllt habe? Betrachte dich, reflektiere dich, nimm dir Zeit, um dich und deine Emotionen ganz bewusst zu erkennen. Damit hast du den ersten Schritt getan und dann betrachte dein Gegenüber. Wie wird sie oder er sich wohl fühlen? Was könnten diese Menschen brauchen, um ein angenehmes Gefühl zu haben? Vom Denken und Fühlen zum TUN Die dritte Stufe, die wir in der friedvollen Kommunikation betrachten, ist die unseres sichtbaren Handelns. Egal, ob wir durch Mimik oder Gestik, durch Körpersprache oder durch unsere Worte – gesprochen und geschrieben – ins Handeln kommen, setzen wir das um, was wir vorher gedacht und gefühlt haben. Aus Angst wird entweder „Angriffsmodus“ oder „Rückzug“. Je nach deiner Persönlichkeitsstruk- In der friedvollen Kommunikation ist kein Platz, um sich gegenseitig anzublöken. 32
Kreativität Weißt du, wie gut es tut, durch Kommunikation andere zu „umarmen“? tur, deinen Vorerfahrungen und deiner kulturellen und familiären Prägung passieren deine Entscheidungen oft in Millisekunden. Du attackierst mit Angriffsworten dein Gegenüber, schimpfst, beleidigst, drohst, be- und verurteilst. In diesen Momenten gehst du (fast) immer in eine Wertung darüber, was der oder die andere getan oder gesagt hat. Es kann jedoch auch sein, dass aus der Angst ein Rückzug resultiert. Du ziehst im wahrsten Sinne des Wortes den Kopf ein, machst dich klein und nicht selten gehst Wie entstand die Idee? Petra Knickenberg und Marion Bischoff saßen zusammen und sinnierten über alles Mögliche. Dabei sprachen sie auch über Kommunikation und stellten fest, dass es ein Tool bräuchte, um die Kommunikation nicht „gegen“ etwas zu richten, sondern „für“ etwas. Anstatt Kommunikation von „Gewalt zu befreien“ (gewaltfreie Kommunikation) wollten sie sie lieber mit „Frieden füllen“ (friedvolle Kommunikation). du in den „Schweigemodus“. Da kommen dann manchmal und mit leiser Stimme Aussagen wie: „Wenn Sie meinen.“ Oder: „Da werden Sie wohl Recht haben.“ Nicht nur, dass du in diesen Momenten deine eigenen Bedürfnisse komplett ausblendest, du stärkst dein Gegenüber auch darin, dich noch kleiner zu machen. Denn bei Menschen, denen die friedvolle Kommunikation noch nicht geläufig ist, geht es eben oft darum, ihre Machtposition zu stärken. Nichts leichter als das, wenn uns jemand gegenübersteht, der sich schon selbst kleinmacht. Nachdem du dich also intensiv mit deinem Denken und Fühlen auseinandergesetzt hast, geht es schließlich ums Handeln. Beobachte dich in unterschiedlichen Gesprächssituationen. Wie zeigst du dich deinem Gegenüber? In welchen Gesprächen stehst du mit dem berühmten „Brust raus, Bauch rein, Schulterblätter zusammenziehen“ vor jemandem und wann stehst du eher gebückt und mit hängenden Schultern da? Notiere dir deine Selbstbeobachtungen. Du wirst staunen, was du daraus lernen kannst. Die drei Stufen der friedvollen Kommunikation bedeuten also in erster Linie Selbstreflexion und Selbst-Bewusstsein. Je bewusster du dich selbst erkennst, je klarer du dir deiner Gedanken, Gefühle und Handlungen wirst, umso besser gelingt deine Kommunikation. Du wirst merken, wie andere auf dich und deine neue Art des Miteinanders reagieren. Und genau das brauchen wir: die Leuchttürme in unserer Gesellschaft. Die Gesellschaft von morgen beginnt heute in den Kitas. Also auch bei dir. Deswegen lohnt es sich, die eigene Kommunikation auf den Prüfstand zu stellen und ihr ein neues, friedvolleres Gesicht zu verleihen. Dein Gesicht! Marion Bischoff ist Kommunikationstrainerin, Autorin, Coach und Dozentin. www.wir-bauen-bruecken.com www.marionbischoff.de 33
Laden...
Laden...