Pädagogik für Dich | Ausgabe 05/2023 Es ist nicht immer leicht Zusammenarbeit mit psychisch erkrankten Eltern von Michaela Lambrecht Menschen mit psychischen Erkrankungen findest du in jeder Bevölkerungsschicht und dadurch auch in der Elternschaft einer Kita. Depressionen, Suchterkrankungen oder andere psychische Krankheiten beeinflussen die Erziehungspartnerschaft und belasten auch die Kinder. In diesem Beitrag erhältst du einige Tipps, wie du die Kooperation trotz aller Herausforderungen angehen kannst. Betroffene Eltern brauchen deine professionelle Haltung, Transparenz, Klarheit und Wertschätzung. Oftmals fällt es uns sehr schwer zu akzeptieren, dass nicht alle Kinder in dem familiären Umfeld aufwachsen, das wir ihnen wünschen würden. Hier ist es aber sehr wichtig, möglichst neutral zu bleiben. Bei Problemfamilien sind wir oft kritischer, als wir es bei anderen Eltern sind. Beispielsweise akzeptieren wir Kleidung mit Flecken bei vermeintlich „normalen“ Familien eher als bei von Sucht betroffenen Eltern. Reflektiere deine Haltung in diesem Zusammenhang ganz genau und sei bereit, deine Glaubenssätze zu hinterfragen. Wertschätzung und professionelle Zusammenarbeit beginnen mit deiner Haltung. Auseinandersetzung mit der eigenen Lebensbiografie Wie war deine Kindheit? Gab es in deinem Umfeld auch Menschen mit Suchterkrankungen, anderen chronischen oder akuten Krankheiten, die dein Leben beeinflusst haben? Hast du Die Auseinandersetzung mit der eigenen Biografie kann dich unterstützen. vielleicht einen nahestehenden Menschen verloren? Hast du im Erwachsenenalter Krankheit, Ausgrenzung, Verlust erlebt? All diese Erfahrungen bedingen deine heutige Haltung. Je bewusster du dir das machst, umso eher kannst du etwas ändern. Keine negativen Aussagen über Eltern Auch wenn Eltern Probleme haben, sollte man nie im Beisein der Kinder schlecht über ihre Eltern sprechen. Für Kinder ist dies eine zusätzliche Belastung. Hier könnte man auch generell festlegen, sich im Beisein der Kinder nicht über die Eltern auszutauschen. Dies gilt sowohl für Kinder aus Familien, die mit einer Krankheit konfrontiert sind, als auch für die anderen Kinder der Einrichtung. Austausch braucht Datenschutz und gehört in einen geschützten Raum, nicht in die Betreuungssituation von Kindern. Über Krankheitsbild der Eltern informieren Für die Erziehungspartnerschaft kann es hilfreich sein, sich bei Fachstellen über das Krankheitsbild zu informieren. So kannst du dir einen Überblick über die Krankheit verschaffen. Eltern direkt anzusprechen oder nach einer Diagnose zu fragen, fällt nicht in deinen Kompetenzbereich. Sofern Eltern auf dich zukommen, zeig dich trotzdem 30
Eltern Eine wertschätzende und klare Haltung hilft allen Beteiligten. zugewandt und wertschätzend und vermittle ein Gefühl von Hilfsbereitschaft mit klaren Grenzen. Behalte dabei stets deinen Auftrag zum Wohl des Kindes im Blick. Klare Haltung gegenüber den betroffenen Eltern Eltern mit Suchterkrankung oder anderen psychischen Krankheitsbildern brauchen häufig noch klarere Strukturen, als ihr sie ohnehin schon für alle Familien vorleben solltet. Je klarer du mit den Eltern kommunizierst, umso leichter können sie deine Entscheidungen nachvollziehen. Ein alkoholisierter Elternteil darf sein Kind nicht mitnehmen. Hier steht wieder dein Schutzauftrag zum Wohl des Kindes im Vordergrund und du musst konsequent handeln, selbst wenn nur der Verdacht auf Alkoholisierung besteht. In schwierigen Situationen, auch wenn durch die Erkrankung die Gefahr der Kindeswohlgefährdung besteht, solltest du deine Gespräche protokollieren und von allen Gesprächsteilnehmern unterzeichnen lassen. Oft kann es helfen, die Einrichtungsleitung mit zum Gespräch zu nehmen, um den Eltern die Wichtigkeit zu verdeutlichen. Zugleich solltest du stets davon ausgehen, dass auch Eltern mit psychischer Erkrankung grundsätzlich nur das Beste für ihr Kind wollen. In der Situation der akuten Erkrankung fällt dies natürlich besonders schwer, da sie mit sich selbst sehr beschäftigt sind. Vorwürfe sind – trotz allem – ebenso fehl am Platz wie Ausgrenzung und Abwertung. Das betroffene Kind nicht ausgrenzen Sehr schnell merken andere Kinder, dass Eltern mit Suchterkrankung sich anders als die eigenen Eltern verhalten. Diese Feststellung reicht manchmal aus, um das betroffene Kind auszugrenzen und als andersartig abzustempeln. Hier braucht es deine klare Haltung. Kinder sollen verstehen, dass auch diese Eltern ihre Kinder lieben, unabhängig ihrer Krankheit. Kinder, die durch die familiäre Situation ohnehin schon belastet sind, erfahren sonst zusätzliche Belastung in der Kita. Auch andere Eltern agieren in diesen Situationen oft wenig empathisch und sorgen durch ihre Aussagen für zusätzlichen Zündstoff. Die Kita soll eine Pädagogik des sicheren Ortes gestalten und dafür darfst du auch den gesunden Eltern Grenzen aufzeigen. Biete niederschwellige Unterstützung für betroffene Eltern an Oftmals haben Eltern zu dir als Bezugsperson Vertrauen gefasst. Doch du bist weder Suchtberatung noch Arzt oder Ärztin. Deswegen kannst du zwar einerseits ein offenes Ohr haben, andererseits jedoch die Eltern an Beratungs- und Fachstellen verweisen, die dafür professionalisiert sind. Durch deinen wertschätzenden und fairen Umgang mit ihnen wird das Vertrauen weiterhin bestehen, auch wenn du nicht alle Details von ihnen weißt. In Ausnahmefällen und je nach individueller Situation kann eine Beratung innerhalb der Kita mit den jeweiligen Expertinnen und Experten stattfinden. So befinden sich die Eltern in einer gewohnten Umgebung und es fällt ihnen leichter, Hilfe anzunehmen. Beobachtungen notieren Wenn du dir Sorgen machst, diese aber nicht akut belegen kannst, solltest du regelmäßig Beobachtungen während unterschiedlicher Situationen notieren. Auch die Beobachtungen anderer Fachkräfte können in die Beurteilung der Lage einfließen. 31
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